Nach der Einführung der Pflichtgewerbeschule 1906 wurde der Unterricht sehr bald auf 8 Stunden in der Woche ausgebaut sowie Werkstattunterricht eingeführt. Bereits hier liegen also die Wurzeln für die Aufgaben der Berufsschule im dualen System der Berufsausbildung. Diese haben sich wie folgt entwickelt:
- Mit der Einführung der allgemeinen Fächer (Religion, Deutsch, Gemeinschaftskunde und Wirtschaftskunde) erhielt die Berufsschule auch einen allgemeinen Erziehungs- und Bildungsauftrag.
- Die berufstheoretischen Inhalte mussten sich den jeweiligen technologischen Ver-änderungen anpassen. Aus Fachkunde wurde Technologie, aus Fachrechnen wurde Technische Mathematik und z.B. aus Fachzeichnen wurde Arbeitsplanung. Heute werden alle berufstheoretischen Inhalte ganzheitlich in der Berufstheorie vermittelt.
- Die praktischen Inhalte an der Schule entwickelten sich in Abgrenzung zur fach-praktischen Ausbildung in den Betrieben über die Praktische Fachkunde und Technologie-praktikum zur Berufstheorie Werkstatt. Hier erfolgt in den Schulwerkstätten eine praxisnahe Vertiefung theoretischer Inhalte und eine besondere Verzahnung von Theorie und Praxis.
Das geschichtlich begründete Selbstverständnis und Bekenntnis von Wirtschaft und Staat zum dualen System und zur Berufsschule findet seinen Niederschlag in folgenden Regelungen:
- Im Schulgesetz des Landes Baden-Württemberg wurde 1964 wiederum die Pflicht zum Besuch der Berufsschule festgelegt und die Tradition von 1906 fortgeführt.
- Das Berufsbildungsgesetz regelt auch in seiner Novellierung 2013 die tradierte Aufgabenverteilung von Ausbildungsbetrieb (vermittelt die Fertigkeiten) und Berufsschule (vermittelt die Kenntnisse).
- Eine Vereinbarung zwischen Kultusministerium und Kammern bildet seit 1973 die Grundlage für die gemeinsame Durchführung des schriftlichen Teils der Abschlussprüfung. Diese baden-württembergische Besonderheit knüpft ebenfalls an eine lange Tradition an: Bereits 1897 wurde das erste gemeinsame Zeugnis von Gesellenprüfung und Schulprüfung ausgestellt.
Folgende Ereignisse in der jüngsten Vergangen-heit haben die Schule nachhaltig in ihrer Entwicklung geprägt:
- In den 50er und 60er Jahren musste auf die zunehmende Spezialisierung in der Arbeitswelt durch eine Konzentration von Ausbildungs-gängen reagiert werden. In Folge des Schulentwicklungsplanes II erfolgte z.B. die Beschulung von Malern und Lackierern in Nürtingen und von Bäckern in Schwäbisch Gmünd.
- 1974 geht die Schulträgerschaft auf den Landkreis Göppingen über und die Einzugs-gebiete zwischen Göppingen und Geislingen wurden festgelegt.
- Mit der Fertigstellung der Beruflichen Schul-zentren in Geislingen und Göppingen ab 1980 werden Konzentrationsprozesse fortgeführt: z.B. werden Friseure und Schreiner nun in Geislingen beschult.
In der Folgezeit spiegeln Schülerzahlen und Beschulung von Ausbildungsberufen (Fach-klassen) quantitativ den Strukturwandel in der Region wieder:
Entwicklungen der Schülerzahlen 1983/84 2.529 Schüler/-innen 1993/94 1.627 Schüler/-innen 2003/04 1.126 Schüler/-innen 2013/14 1.283 Schüler/-innen
Entwicklung der Fachklassen Abgänge Schneider/-innen Modellbauer/-innen Kunststoffformgeber/-innen Technische Zeichner/-innen Fleischer/-innen
Zugänge Metallbauer/-in – Metallgestaltung Fachinformatiker/-in Mechatroniker/-in Mechatronik PLUS
Die qualitative Entwicklung ist durch folgende Maßnahmen gekennzeichnet:
- 1987 wurde mit der Neuordnung der Metall- und Elektroberufe auch ein neuer pädagogischer Schwerpunkt (Schlüssel-qualifikationen) definiert. Die Schule reagierte mit einer Betonung des projektorientierten Unterrichtes. Auf den technologischen Wandel wurde mit der Einführung von Laborunterricht im Theoriebereich reagiert, um über die Möglichkeiten der Simulation praxisnäher zu unterrichten. Es folgte eine aufwändige Ausstattung der Schulen mit Computerräumen. 2013 sind über 300 PC´s im Netz der Schule. Nun erfolgt der Einstieg in Laptops.
- 2000 erforderte die Neugestaltung der Ausbildungsordnungen nach Lernfeldern eine konsequente Weiterentwicklung hin zu einem ganzheitlichen, projektorientierten und handlungsorientierten Unterricht. Der tradierte Fächerkanon wurde vollständig aufgelöst. Der Unterricht orientiert sich vollständig an betrieblichen Handlungsfeldern. Die Heraus-forderung für die Schule besteht darin, diejenigen Arbeitssituationen zu identifizieren, an denen sich exemplarisch betriebliche Inhalte und Kompetenzen erarbeiten lassen.
Die quantitativen und qualitativen Heraus-forderungen führten zu folgenden Entwicklungen an unserer Schule:
- 1996 wurde der Unterricht in Miniblöcken organisiert. Die Auszubildenden besuchen in drei aufeinanderfolgenden Tagen den Unterricht in der Berufsschule. Dadurch ist ein organisatorischer Rahmen für ganzheitlichen und projektorientierten Unterricht gegeben.
- 1998 wurde das S/E-Programm im Kurssystem organisiert. Der Klassenverband wird aufgelöst und in neu gebildeten Lerngruppen werden stützende und erweiternde Maßnahmen durchgeführt. Dadurch ist ein organisatorischer Rahmen für Individualisierung gegeben.
- Ab 2000 wurden gemeinsame Projekte mit den Ausbildungsbetrieben entwickelt, um die Verzahnung von Theorie und Praxis zu optimieren.
- Ab 1993 wurden Kompetenzzentren in Kooperation mit dem Beruflichen Fort- und Weiterbildungszentrum e.V. und der Wirtschaft eingerichtet. Beispielhaft hierfür das „FESTO Didactic Kompetenzzentrum CNC-Technik“ bzw. „EMCO Center of excellenz CNC-Technik“ mit den Firmen FESTO und EMCO im Jahr 2011.
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